Söder singt in ARD-Kultshow „Inas Nacht“: singen, sabbeln, saufen (2024)

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Stand: 27.06.2024, 11:56 Uhr

Von: Stefanie Thyssen

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Politiker waren schon einige da – doch der erste Ministerpräsident bei „Inas Nacht“ im Ersten ist heute (Donnerstag) Abend: Markus Söder. Und es geht hoch her, von Tattoos bis Vorsorgeuntersuchung – Moderatorin Ina Müller lässt nichts aus.

An einer Stelle droht die ganze Sause kurz zu kippen. Da geht es – zu schon später Stunde – um ein Tattoo, das Felix Neureuther einst von einer Jungs-Reise nach Miami mit heimbrachte. Ina Müller fragt und bohrt und fragt und bohrt, aber er will partout nicht rauslassen, wo am Körper es genau ist und vor allem, wie es aussieht. Und dann wendet sich die Moderatorin wieder ihrem ersten Gast des Abends zu, Markus Söder. Und fragt den bayerischen Ministerpräsidenten, ob er vielleicht auch ein Tattoo habe. „So einen kleinen Anker am Sack?“

Das Publikum schreit auf, die Shantys grölen im Hintergrund, Söder spielt den Empörten, hält sich die Hand vors Gesicht – und Felix Neureuther, ja, der kann es schon gleich drei Mal nicht fassen. „Ich habe noch niemals jemanden einen Ministerpräsidenten fragen hören, ob er einen Anker am Sack hat“, kichert er.

Solche Szenen gibt es im deutschen Fernsehen nur bei „Inas Nacht“, jener ganz und gar nicht politischen Talkshow der ARD. Gesendet wird aus dem Schellfischposten, Hamburgs ältester Seemannskneipe, es wird gesabbelt (norddeutsch für geredet), gesungen und gesoffen. Und das alles nicht zu knapp.

Politiker gehören hier zu den selteneren Gästen. Im Frühjahr verschickte die Redaktion eine Anfrage ans Büro von Markus Söder. Warum gerade an ihn? Eine entsprechende Nachfrage beantwortete der Sender nicht. Aus der Staatskanzlei ist zu hören, dass er sich sehr über die Einladung gefreut habe, weil er großer Fan der Sendung sei. Ende April wurde aufgezeichnet, am Donnerstag läuft die Folge – es ist die erste der neuen Staffel – nun um 23. 35 Uhr im Ersten.

Moderatorin Ina Müller ist sichtlich glücklich über die beiden Münchner in Hamburg („Einen Ministerpräsidenten hatten wir noch nie!“ und in den Ex-Ski-Star sei sie sowieso verliebt) – und gleich zu Beginn in einer Bredouille. „Ich mache die Sendung seit 16 Jahren und habe noch nie jemanden gesiezt.“ Sie könne aber irgendwie nicht „Markus“ sagen, „weil wir uns nicht kennen und weil Sie ein Ministerpräsident sind.“ Was tun also?

Söder, der sich auf dem Parkett einer Unterhaltungssendung genauso wohlfühlt wie im Parlament, pariert das charmant. Nachdem er der optisch Ältere sei – in Wahrheit ist er zwei Jahre jünger –, bietet er das Du an. Und dann geht es Schlag auf Schlag. Die beiden reisen in seine Kindheit („Ich war mega schüchtern, unbeweglich, mit Pickeln im Gesicht und Babyspeck in der Pubertät“), streifen die Zeit bei der Bundeswehr („Da war ich eine Schnitte“) und reden über das Strauß-Poster über seinem Bett („Markus!“). Söder singt auch. „Sie hieß Mary Ann“, ein altes Seemannslied, das seine Eltern – so erzählt er es – immer im Auto auf dem Weg in den Italien-Urlaub gehört und gesungen hätten. Er hat geübt, so viel ist klar.

Über einen wilden Themenmix von „Was steht bei dir im Kalender, wenn du zur Vorsorge-Untersuchung gehst?“ („Privat!“) bis hin zu „Was würdest du machen, wenn deine Kinder mit nem Sozi oder einer Grünen nach Hause kommen?“ (schmerzverzerrtes Gesicht) und „Von welchem Politiker würdest du nicht mal einen Gebrauchtwagen kaufen“ („Kubicki“), södert der Ministerpräsident, auf den die Hamburger seit jeher mit einer Mischung aus Befremden und Bewunderung blicken, alles souverän weg und lässt den eigentlich grundsympathischen Neureuther fast sterbenslangweilig neben sich aussehen.

Für einen, dessen Platz angeblich in Bayern ist, hat sich Söder mit diesem Auftritt jedenfalls recht weit in die Herzen der Norddeutschen vorgewagt. Ob er denkt, dass er sie doch noch mal braucht?